Chemiker und Industrieller

Darstellung von Bleiweiß und Kalisalpeter (1851 - 1857)

Nach geleistetem Militärdienst zeigt Hermann Grüneberg bereits mit 23 Jahren Forscher – und Unternehmergeist. Seine

„Entdeckung“

einer neuen Methode der Sodaherstellung läßt er sich „von Person bekannt, noch minderjährig, sonst aber im vollkommenen dispositionsfähigen Zustand “ von zwei Stettiner Notaren bestätigen. (B20)

Im September 1850 erteilt der königl. Preußische Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Angelegenheiten dem Chemiker Hermann Grüneberg aus Stettin das

„Patent

auf eine Vorrichtung zur Zuleitung und Vertheilung der zur Bleiweißherstellung erforderlichen Substanzen.“

(Abschrift)

(Abschrift)

Grüneberg gründet daraufhin mit seinem Schwager Emil Nienaber und den Kaufleuten Hollefreund und Burchardt die „Stettiner – Patent - Bleiweißfabrik“. (B13)
In seinen Erinnerungen schreibt er:
„Dieses Werk, so vollkommen in seiner Anlage, ergab leider nicht die mit den vorher angestellten Versuchen abzuleitenden Resultate und mußte nach 1½ - jährigem Betriebe mit fast vollständigem Verlust des Capitals wieder eingestellt werden.“

Das Verfahren wird in Amerika weiter ausgebildet und kommt 10 Jahre später als sogenanntes „amerikanisches Verfahren“ nach Deutschland zurück. (A40)

Ohne finanzielle Mittel nimmt Hermann Grüneberg in Berlin für ein halbes Jahr eine Anstellung im Laboratorium des Apothekers und Fabrikanten Leyrich an.
In Folge einer Zeitungsanzeige geht er anschließend nach Schweden, um bei Gothenburg eine von dem Fabrikanten Rohs angelegte Bleiweißfabrik in Gang zu bringen. (B16)
Er lebt dort ein Jahr lang auf einer Fischerinsel, der Gotha Elf, in einem ärmlichen Blockhaus in völliger Einsamkeit und formt die Fabrik nach seinem Prinzip um.

Nachdem der Betrieb in Gothenburg gut eingeschlagen ist, kann Grüneberg ein seinem Vetter Klee gegebenes Versprechen, für ihn ein ähnliches Werk zu bauen, einlösen. Im April 1854 kehrt er nach Stettin zurück und errichtet eine neue Fabrik in Alt-Damm. (B14)

Der Ausbruch des Krimkrieges ändert alle Pläne. Russland befindet sich im Krieg mit dem Osmanischen Reich und dessen Verbündeten England und Frankreich. Durch die englische Blockade wird die russische Pottasche knapp und es entsteht Mangel an Salpeter, der zur Herstellung von Schwarzpulver benötigt wird.
Grüneberg erkennt die Chance, rüstet die fertige Fabrikanlage um und beginnt die Produktion von erstmals künstlichem Kalisalpeter durch Zersetzen von Natronsalpeter mit Pottasche.
Bald steigt der Bedarf so, dass eine weitere Anlage in Bredow bei Stettin in Betrieb genommen werden muß.

Es gelingt Hermann Grüneberg, mit der russischen Regierung „größere Contracte“ abzuschließen. In Alt-Damm wird daraufhin weiter ausgebaut, sodass in den Jahren 1854 bis 1856 in großen Dimensionen Kalisalpeter hergestellt werden kann.

Als nach dem Ende des Krimkrieges der Bedarf zurückgeht, beginnt er wieder die Bleiweißfabrikation aufzunehmen. Über seinen Vetter und Teilhaber Klee schreibt Hermann Grüneberg in seiner Haus-Chronik (A04):

„Wie günstig im Erfolg auch das Unternehmen war, so erntete ich doch sehr wenig Dank von meinen Leistungen, an welche die größten Anforderungen gestellt wurden.
Mein Vetter Klee, der inzwischen ein reicher Mann, Gutsbesitzer, Schiffsreeder ect. geworden war, hielt sich nicht an seine ersten Versprechungen, sondern reduzierte diese nach und nach so, daß mir nach all den großen Aussichten nur ein sehr bescheidener Antheil blieb.“

Klee kann wohl als Kriegsgewinnler des Krimkrieges bezeichnet werden.
Hermann Grünebergs Verdienst beschreibt im Jahre 1908 die Festschrift zum 50-jährigen Bestehen der Chemischen Fabrik Kalk in Cöln: (A46) auf Seite 4 :

„Es ist wesentlich das Verdienst Grünebergs, einen Fabrikationszweig in Deutschland eingeführt zu haben, der ein ausländisches Produkt (Bengalsalpeter) für die Folge fast gänzlich verdrängt hat.“

1857 übergibt Grüneberg die Leitung der Werke seinem Freund Friedrich Michels. Die Freunde bleiben auch während seiner Abwesenheit ständig in Briefkontakt.
Es ist Grünebergs Anliegen, dass aus dem von ihm gegründeten Werk nur beste Qualität geliefert wird.
So schreibt er:

„Sie glauben nicht, wie sehr man auch in der Technik auf Accuratesse halten muß“.

In einem andere Brief heißt es:

„Es muß jedes Faß Bleiweiß auf Reinheit geprüft und alles, was nicht völlig genügt, auf Mennige verarbeitet werden.“

 

 

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